Ist meine Stimme in Gefahr?

Die Schilddrüse befindet sich in unmittelbarer anatomischer Nachbarschaft zum Kehlkopf, den Stimmbandnerven und anderen für die Stimmbildung wichtigen Strukturen. Daher kann es nach einer Operation an der Schilddrüse und der Nebenschilddrüse auch bei intakten Verhältnissen an den Stimmbandnerven zu Auswirkungen auf die Stimm- und Sprachbildung kommen.
 

Welche Stimm- und Sprachstörungen können auftreten?

Es gibt sowohl operationsbedingte als auch operationsunabhängige Veränderungen, die sich auf die Stimm- und Sprachqualität auswirken können.

So können zum Beispiel operations- und narkosebedingte Schwellungen und Reizzustände im Halsbereich zu Veränderungen der Stimme führen. Auch psychische Reaktionen durch Angst, Schmerz oder Schonmechanismen spielen eine Rolle. Wie bei einer Erkältung kann die Stimme dann heiser, krächzend oder schwach klingen. Diese Veränderungen bilden sich meist innerhalb weniger Tage komplett zurück. Im St. Agatha Krankenhaus Köln wird zur rascheren Rückbildung von Schwellungen und Reizzuständen bei allen Patienten eine konsequente Kryo-, Atem- und Inhalationstherapie eingesetzt.

Nach Entfernung großer Strumen kann es durch den veränderten Resonanzkörper oder durch Verwachsungen auch zu einer Veränderung des Stimmklanges kommen, der von den Betroffenen nicht selten sogar als positiv empfunden wird.

Im schlimmsten Fall jedoch kann durch eine Zerrung, Quetschung oder gar ungewollte Durchtrennung des dünnen Stimmbandnervs eine ein- oder beidseitige Lähmung des Stimmbands (Recurrensparese) eintreten. Je nach Schädigungsursache bildet sich diese häufig wieder zurück. Durch eine früh einsetzende und konsequente Stimm- und Sprachtherapie (Logopädie) kann in den allermeisten Fällen ein zufriedenstellendes Ergebnis und eine gute Rehabilitation erzielt werden.

Die Stimmbandnerven können auch ohne eine Operation geschädigt sein: zum Beispiel durch eine Schilddrüsenvergrößerung, einen Tumor, eine Nervenentzündung oder andere Ursachen. Deshalb erfolgt vor jeder Schilddrüsenoperation eine Funktionsüberprüfung der Stimmbänder durch einen Hals-Nasen-Ohren-Arzt (Laryngoskopie).

Ist die Funktion der Stimmbänder bei Struma-Patienten beeinträchtigt, sollte zeitnah eine Schilddrüsenoperation mit Freilegung und eventueller Entlastung der Stimmbänder erfolgen. Noch häufiger als die reine "Druckschädigung" bei gutartiger Erkrankung ist allerdings die Stimmbandschädigung bei bösartiger Erkrankung. Hier ist es wichtig, rechtzeitig zu operieren und den Stimmbandnerv zu befreien. Nur so kann er sich bei günstigem Verlauf wieder komplett erholen. Wird zu lange mit der Operation gewartet oder ist ein Krebs bereits in den Nerven eingewachsen, besteht keine Aussicht auf Erholung.

Bei großen Strumen kann es unabhängig von den Stimmbandnerven durch Druck, Umfangsvermehrung oder Verengung der Luftröhre zu Änderungen der Phonation kommen. Da sich diese Veränderungen in der Regel schleichend vollziehen, werden sie vom Patienten und seiner Umwelt jedoch oft nicht bewusst wahrgenommen.

 

Stimmschonende Operationstechniken

Bei der Schilddrüsenoperation müssen die für die Stimmbildung wichtigen Strukturen durch eine behutsame Operationstechnik größtmöglich geschont werden. Besonderes Augenmerk muss auf die feinen Stimmbandnerven (Nervus laryngeus recurrens) gelegt werden. Diese verlaufen auf beiden Seiten unmittelbar hinter der Schilddrüse zum Kehlkopf und sind dort für die Funktion der Stimmbänder verantwortlich. Der konkrete Verlauf sowie mögliche Aufzweigungen der Nerven variieren bei vielen Menschen.

Früher war es aus Angst vor Verletzungen sehr verbreitet, bei einer Schilddrüsenoperation möglichst weit weg von den Stimmbandnerven und den Nebenschilddrüsen an der hinteren Kapsel zu operieren. Daher wurden früher auch häufig auf beiden Seiten Schilddrüsenreste zurückgelassen. Dieses Vorgehen war allerdings keine Garantie für eine sichere Schonung der Nerven und sogar Ursache von Wiederholungsoperationen wegen erneuter Knotenbildungen.

In den letzten Jahren hat sich die Operationstaktik grundsätzlich geändert: Um den Nerv zu schonen, ist es insbesondere bei Operation an der hinteren Schilddrüsenkapsel (z.B. Lappenentfernung) entscheidend, dass sich der Chirurg einen Eindruck über den konkreten Verlauf des Nervs macht, ihn also optisch darstellt und damit zweifelsfrei identifiziert. Dann kann der Nerv bei Bedarf aus Verwachsungen oder von Knoten an der hinteren Schilddrüsenkapsel getrennt und damit geschont werden.

Da die Nerven sehr verletzlich sind, muss dieser Teil der Operation sehr vorsichtig und behutsam geschehen. Im St. Agatha Krankenhaus Köln erfolgen solche Operationsschritte in mikrochirurgischer Operationstechnik mit einer Lupenvergrößerung oder bei Bedarf sogar mit einem Operationsmikroskop.

Neurophysiologische Methoden zum Auffinden und zur intraoperativen Funktionsüberprüfung der Stimmbandnerven (Intraoperatives Neuromonitoring) leisten einen zusätzlichen Beitrag zur größtmöglichen Schonung der Stimmbandnerven. Das intraoperative Neuromonitoring wird daher routinemäßig im St. Agatha Krankenhaus Köln eingesetzt.

Neben den eigentlichen Stimmbandnerven (Nervus laryngeus recurrens) gibt es noch weitere Nervenstrukturen, die die Funktion des Kehlkopfes und die Stimmbildung beeinflussen wie zum Beispiel den oberen Kehlkopfnerv (Nervus laryngeus superior). Diese feinen Nerven befinden sich in der Regel nicht so nah an der Schilddrüse wie die eigentlichen Stimmbandnerven. Ihre Verletzungsgefahr bei einer Schilddrüsenoperation ist gering, aber durchaus möglich, da sie praktisch nicht zu erkennen sind. Auch das Neuromonitoring nutzt hier wenig.

Die beste Vorbeugung besteht in einer schonenden und schilddrüsennahen Freilegung des oberen Schilddrüsenpols. Selbst bei Verletzung eines dieser Nerven merken die Betroffenen häufig keine oder nur eine minimale Veränderung der Stimme. Die Auswirkungen können sich etwa beim Singen hoher Töne oder beim lauten Schreien bemerkbar machen. Größere Probleme sind eine Rarität.