Gutartige Schilddrüsen-Erkrankungen

Wie werden gutartige Erkrankungen operiert?

Während früher "sparsam" operiert wurde und möglichst viel Schilddrüsengewebe im Körper belassen wurde, wird heute - auch bei gutartigen Erkrankungen - vergleichsweise ausgedehnt operiert. Denn es hat sich gezeigt: Je mehr Schilddrüsengewebe nach der Operation zurückbleibt, desto höher ist die Rückfallrate und damit das Risiko für eine erneute Erkrankung und Operation. Bei der reinen Knotenausschälung gab es im Langzeitverlauf statistisch gesehen bis zu 40 Prozent Wiederholungseingriffe.

Durch den chirurgischen Eingriff sollen alle krankhaften Veränderungen bei möglichst geringem Risiko sicher und zuverlässig entfernt werden. Das ist manchmal einfach und manchmal schwierig und fordert daher viel Erfahrung und Kompetenz des Operateurs.

Ob und wie viel Schilddrüsengewebe entfernt wird, hängt natürlich immer von den konkreten Befunden, aber auch vom Wunsch des Patienten ab. Bei der Entscheidung gilt es folgende Aspekte zu berücksichtigen:
 

  • In der Hand des Geübten - und nur dort - sind Schnittführung und -länge, Risiko, Komplikationsraten und Dauer der Behandlung bei den verschiedenen Operationsverfahren vergleichbar.
     
  • Wiederholungsoperationen sind wegen Verwachsungen und Vernarbungen technisch schwieriger und damit potentiell auch komplikationsträchtiger als Erstoperationen.
     
  • Kleinste Knoten können intraoperativ auch vom gewissenhaftesten Operateur nicht immer festgestellt und daher übersehen werden.
     
  • Zurückgelassene Knoten sind eine wesentliche Ursache späterer Wiederholungsoperationen.
     
  • Gegen die Neigung zur erneuten Knotenbildung oder zur Vergrößerung des Schilddrüsenrestes gibt es keine zu 100 Prozent wirksame medikamentöse Vorbeugung.

  

Welche Operationsverfahren gibt es?

Das Spektrum der Operationsverfahren reicht von der sparsamen Ausschälung eines Knotens in einem Schilddrüsenlappen bis zur kompletten Entfernung beider Schilddrüsenlappen:

  • Enukleation: Ausschälung eines Knotens entlang seiner Kapsel
     
  • Knotenexzision: Entfernen eines Knotens mit einem Saum normalen Schilddrüsengewebes
     
  • Isthmusresektion: Entfernung der Gewebebrücke zwischen beiden Schilddrüsenlappen vor der Luftröhre
     
  • Subtotale Lappenresektion: Teilentfernung eines Schilddrüsenlappens mit einem
    Schilddrüsenrest von 1 – 4 Gramm
     
  • Fast-totale Lappenresektion: Teilentfernung eines Schilddrüsenlappens mit einem
    Rest von weniger als 1 Gramm
     
  • Lappenresektion (Hemithyreoidektomie): Vollständige Entfernung eines Schilddrüsenlappens
     
  • Subtotale Lappenresektion beidseits: Teilentfernung beider Schilddrüsenlappen mit
    beidseitigen Resten von jeweils 1 – 4 Gramm
     
  • OP nach Dunhill: Komplette Entfernung des einen Lappens und Teilentfernung des
    anderen mit einem Rest von 1 – 4 Gramm
     
  • Fast-totale Schilddrüsenentfernung (Near-total Thyreoidektomie): Fast komplette
    Entfernung mit ein- oder beidseitigen kleinen Resten von insgesamt weniger als 2 Gramm
     
  • Totale Schilddrüsenentfernung (Thyreoidektomie): Komplette Entfernung der Schilddrüse ohne Reste
     

Wie viel Gewebe wird entfernt?

In der Regel wird unter der Operation sowie nach vorheriger Absprache mit dem Patienten entschieden, ob und wie viel Schilddrüsengewebe belassen wird. Früher war es sehr verbreitet, auf beiden Seiten an der hinteren Schilddrüsenkapsel, da wo sich der Stimmbandnerv und die Nebenschilddrüsen befinden, nicht zu operieren und dort Schilddrüsenreste zu belassen (subtotale Resektion beidseits). Dadurch sollte das OP-Risiko minimiert werden. Allerdings wurde dafür auf beiden Seiten im Langzeitverlauf das Risiko für eine vermeintlich schwierigere Wiederholungsoperation in Kauf genommen.

Die Situation hat sich heute verändert: In spezialisierten Kliniken ist das Risiko bei einer totalen Lappenentfernung nicht größer als bei einer subtotalen. Zur Senkung des Rückfallrisikos streben wir daher im St. Agatha Krankenhaus Köln an, dass bei einer Schilddrüsenoperation zumindest ein Lappen komplett entfernt wird (Hemithyreoidektomie). Das hat den wesentlichen Vorteil, dass diese Seite in jedem Fall dauerhaft geheilt ist und dass an diesen Stimmbandnerven und Nebenschilddrüsen nie wieder operiert werden muss.

Wenn der andere Schilddrüsenlappen gesund ist und daher belassen werden kann, entstehen durch dieses Vorgehen keine Nachteile, da der verbliebene Schilddrüsenlappen nach einer Anpassungszeit die komplette Funktion der Schilddrüse übernehmen könnte. Häufig bestehen allerdings auch im anderen Schilddrüsenlappen Knoten oder andere krankhafte Veränderungen. Diese werden dann gleichzeitig mit entfernt. Je nach Befund und Wunsch des Patienten wird auf der zweiten Seite möglicherweise ein Schilddrüsenrest belassen (z.B.: Operation nach Dunhill: komplette Entfernung des einen Lappens, Teilentfernung des anderen Lappens, Schilddrüsenrest 1 – 4 Gramm) oder nicht.

Die komplette Entfernung der Schilddrüse ist immer dann angezeigt, wenn es kein gesundes und erhaltungswürdiges Restschilddrüsengewebe gibt. Dies ist in der Regel bei der Struma mit vielen Knoten (Struma multinodosa) und bei der Basedowschen Erkrankung der Fall. Manchmal werden aus operationstechnischen Gründen zur Risikominimierung kleine Reste belassen (Fast-Totale-Thyreoidektomie). Bei tumorsuspekten Knoten wird in der Regel der gesamte betroffene Schilddrüsenlappen entfernt (Vorgehen bei Krebsverdacht).