Bösartige Schildrüsen-Erkrankungen

Diagnose

Vorweg sei gesagt: Schilddrüsenkrebs ist selten. Weniger als ein Prozent aller Schilddrüsenknoten erweisen sich als bösartig. Wird Schilddrüsenkrebs festgestellt, gilt: Je früher ein Krebs behandelt wird, umso besser sind die Heilungschancen. Die Operation von Schilddrüsenkrebsen gehört in jedem Fall in die Hand eines erfahrenen und spezialisierten Teams. Denn bei Schilddrüsenkrebs ist die komplette chirurgische Entfernung die wichtigste Voraussetzung für eine dauerhafte Heilung.

Die Schwierigkeit besteht zunächst einmal im rechtzeitigen Erkennen eines Schilddrüsenkrebses. Das hat verschiedene schilddrüsentypische Gründe: Manchmal kommt es bei der Unterscheidung zwischen gut- und bösartig auf kleinste Details des Knotenwachstums an. Manchmal handelt es sich nur um sehr kleine versteckte Krebse, und manchmal bestehen gleichzeitig sehr viele verschiedene Knoten nebeneinander. Dann bringt auch eine Probepunktion des Knotens keine Klärung.

Selbst vom spezialisierten Nuklearmediziner oder Endokrinologen kann daher häufig nur ein Verdacht formuliert werden, ob ein Knoten gut- oder bösartig ist. Verdächtige Knoten werden auch als malignomsuspekt bezeichnet.

 

 
Das Vorgehen bei Krebsverdacht

Eine definitive Diagnose bringt in der Regel erst der operative Eingriff mit nachfolgender feingeweblicher Analyse. Hat der erfahrene Arzt Zweifel an der Harmlosigkeit eines Knotens oder gibt es Verdachtsmomente auf eine mögliche Entartung, sollte dieser Knoten unbedingt operativ entfernt und pathologisch untersucht werden.

Bei der Operation wird also in einem ersten Schritt zunächst der verdächtige Befund entfernt. Früher war es sehr verbreitet, nur den suspekten Knoten aus der Schilddrüse zu entfernen und ihn quasi "auszuschälen". Hierdurch sollten der Eingriff und die damit verbundenen Risiken so gering wie möglich gehalten werden. Heute ist dieses Vorgehen beim tumorsuspekten Knoten kein Standard mehr.

Stattdessen sollte nicht nur der Knoten, sondern sofort der gesamte betroffene Schilddrüsenlappen entfernt. Die Gründe hierfür sind:
 

  • Bei der Ausschälung besteht die Gefahr, dass der Knoten geöffnet oder sogar Teile zurückgelassen werden. Dadurch wird die pathologische Analyse erschwert. Und es könnten Zeichen der Bösartigkeit übersehen werden. Befinden sich in einer Schilddrüse zudem mehrere Knoten, besteht das Risiko, dass der "falsche" Knoten entfernt und der tumorsuspekte Knoten versehentlich an Ort und Stelle belassen wird.
     
  • Wird der betroffene Schilddrüsenlappen komplett entfernt, muss bei einer eventuell erforderlichen Nachoperation nicht in Verwachsungen um den Stimmbandnerv und die Nebenschilddrüsen operiert werden, wodurch das Verletzungsrisiko minimiert wird.
     
  • Die komplette Entfernung eines Lappens ist bei einem versierten Operateur nicht gefährlicher als die Ausschälung. Auch wenn sich der Knoten als gutartig erweist, entsteht für den Patienten durch die komplette Entfernung eines Schilddrüsenlappens kein Nachteil. Der belassene andere Lappen kann nach einer Anpassungszeit die komplette Funktion der Schilddrüse übernehmen.

 

Zur zweifelsfreien Klärung von Gut- oder Bösartigkeit erfolgt umgehend eine feingewebliche Analyse durch einen Facharzt für Pathologie. Dabei gibt es zwei Schritte:

 

Intraoperativer pathologischer Schnellschnitt:

Dabei handelt es sich um einen „pathologischen Schnellbefund“, der auf Basis von entnommenem Gewebe erstellt wird, während der Patient im OP-Saal in Narkose bleibt. Ein solcher Schnellschnitt kann aus methodischen und zeitlichen Gründen nicht immer alle Fragen beantworten und eindeutige Klärung bringen. Wird jedoch zweifellos und unwiderruflich ein Krebs festgestellt, erfolgt sofort die für den Krebstyp erforderliche Krebsoperation. Der dazu erforderliche Eingriff variiert von Tumortyp und Tumortyp. Für viele Krebstypen bedeutet das die komplette Entfernung der Schilddrüse und die Entfernung der umgebenden Lymphdrüsen. Bestehen Zweifel oder liegen zunächst keine Anhaltspunkte für Bösartigkeit vor, wird die Operation an dieser Stelle beendet und es muss der sogenannte defintive pathologische Befund abgewartet werden

 

Definitiver pathologischer Befund:

Durch moderne pathologische Untersuchungstechniken können heute auch kleinste Krebse festgestellt und unklare Gewebebefunde eindeutig geklärt werden. Je nach Größe der Präparate und Anzahl der Knoten benötigen diese Analysen jedoch Zeit. Es kann daher sein, dass ein definitiver Befund erst einige Tage nach der Operation vorliegt und sich der Patient bei einer Krebsdiagnose dann einer erneuten Operation unterziehen muss (sogenannte zweizeitige Komplettierungsoperation).

Wichtig ist, dass eine eventuelle zweite Operation möglichst früh erfolgt. Denn nach mehr als einer Woche ist ein Zweiteingriff wegen Verwachsungen operationstechnisch sehr schwierig. Viele Chirurgen würden dann lieber erst nach sechs weiteren Wochen erneut operieren.


Um das zu vermeiden und um den Patienten möglichst rasch Klarheit zu verschaffen, besteht im St. Agatha Krankenhaus Köln eine enge und langjährige Kooperation mit dem Institut für Pathologie. Dr. med. S. Eidt und Partner. So kann sicher gestellt werden, dass in unklaren Fällen ein Eilbefund erstellt wird. Das Ergebnis liegt in der Regel innerhalb von 48 Stunden vor.


Operation von Schilddrüsenkrebs

Bis auf wenige Ausnahmen (isolierte papilläre oder follikuläre Frühkarzinome) besteht eine radikale Krebsoperation aus der kompletten Entfernung der Schilddrüse (Thyreoidektomie). Ob eine zusätzliche Lymphknotenentfernung (Lymphadenektomie) erforderlich ist, hängt vom konkreten Tumortyp, dem Ausbreitungsstadium und dem intraoperativen Befund ab. Häufig werden zumindest die sogenannten zentralen Lymphdrüsenstationen um beide Schilddrüsenlappen entfernt. In einem Gebiet, das unten vom Brustbein und oben vom Zungenbein, seitlich von der rechten und linken Halsschlagader begrenzt wird, wird um den Kehlkopf, die Luft- und die Speiseröhre herum alles lymphatische Gewebe entfernt und gesondert zur pathologischen Untersuchung eingesandt.

Manchmal müssen auch die Lymphknoten in den seitlichen Halspartien (laterales Kompartiment) oder im oberen Brustkorb unter dem Brustbein (mediastinales Kompartiment) ausgeräumt werden. Die Lymphadenektomie ist ein aufwändiger und mehrstündiger operativer Eingriff, der nur von sehr erfahrenen Operateuren durchgeführt werden sollte. Denn einerseits müssen die Lymphknoten mit möglichen Tumorabsiedelungen komplett entfernt werden, andererseits müssen wichtige Strukturen wie Nerven, Gefäße und Halsorgane geschont werden. Früher waren dazu relativ große Schnitte erforderlich. Bei entsprechender Erfahrung und Technik kann eine systematische Lymphadenektomie über einen kleinen Hautschnitt erfolgen, der nicht wesentlich größer als der einer normalen Schilddrüsenoperation ist.

 
Die Nachbehandlung von Schilddrüsenkrebs-Patienten

 

  • Postoperativer Verlauf
    Obwohl eine Krebsoperation viel ausgedehnter und länger als eine normale Schilddrüsenoperation ist, merkt der Patient im Normalfall nicht viel davon. Art und Dauer der Krankenhausbehandlung sind wie bei einer gutartigen Erkrankung. Die meisten Patienten können das Krankenhaus schon nach wenigen Tagen wieder verlassen.
     
  • Weitere Krebstherapien
    Nach Vorliegen aller Befunde wird in jedem Einzelfall gemeinsam mit dem Patienten entschieden, ob und ggf. welche weitere Krebsbehandlungen erforderlich sind. Im SchilddrüsenZentrum Köln erfolgt die weitere Abstimmung und Koordination mit den entsprechenden Experten und Kooperationspartnern unter Einbindung des Hausarztes. Eine klassische Strahlen- oder Chemotherapie wird nur sehr selten eingesetzt. Am häufigsten erfolgt eine Radiojodtherapie.  Diese wird je nach Tumorstadium bei papillären und follikulären Schilddrüsenkrebsen durchgeführt.
     
  • Nachsorge
    Eine gute Nachsorge dient der Überwachung der Tumorfreiheit und der optimalen Einstellung mit Schilddrüsenhormonen. In der ersten Zeit nach der Tumorerkrankung sollte die Nachsorge primär durch einen versierten Arzt erfolgen. Bei gutem Verlauf werden die Nachsorgeintervalle mit der Zeit immer größer, die meisten Patienten führen schon bald wieder ein völlig normales Leben. Sollte es zu einem Tumorrückfall kommen, kann den Betroffenen in vielen Fällen durch eine erneute Operation, Radiojod- oder eine andere Therapie geholfen werden.
     
  • Selbsthilfegruppen
    Die Krebsdiagnose führt bei den meisten Patienten zu Verunsicherung und Angst. Erfahrungsgemäß kann der Austausch mit anderen Betroffenen ebenso wie eine professionelle psycho-soziale Begleitung sehr hilfreich sein. Für Patienten mit Schilddrüsenkrebs gibt es am St. Agatha Krankenhaus Köln eine eigene Selbsthilfegruppe. Auch im bundesweiten Selbsthilfe-Forum Schilddrüsenkrebs "Ohne Schilddrüse leben" können Betroffene viele interessante Informationen finden.
     
  • Heilungsaussichten
    Die Prognose beim Schilddrüsenkrebs hängt ganz wesentlich vom Typ und Ausbreitungsstadium des Tumors sowie der Qualität der chirurgischen Therapie ab. Im Allgemeinen sind die Heilungsaussichten vor allem bei den häufigen Krebstypen sehr gut.